„Carnaval“ in La Frontera auf El Hierro: Chinesen, wilde Widder, eine Sardine und Hitler. Doch langsam, alles der Reihe nach:

Das diesjährige Motto auf El Hierro war „China“. Am Abend des Faschingssamstags zog der „Corso del Carnaval“ durch La Frontera.

Es war ein lockerer und fröhlicher Umzug, an dem Groß und Klein ihren Spaß hatten.
Nicht alle fühlten sich an das Motto gebunden, was auch niemanden störte.

Der Höhepunkt, oder besser die Höhepunkte, des Carnavals waren jedoch die „Carneros de Tigaday“, wilde Widder und ihre Schäfer. Sie wurden am Sonntag und am Faschingsdienstag in die Gassen gelassen.
Eindeutige Warnschilder warnten zufällig vorbeikommende ahnungslose Touristen dreisprachig vor den Gefahren.

Bevor das Spektakel begann, wurden Vorbereitungen getroffen:
Drei Ambulanzen bezogen Position und ein Sanitätszelt wurde aufgestellt.

Der Vorrat an Schuhcreme wurde bereitgestellt.

„Zieht bloß alte Klamotten an und nehmt die Brillen ab, wenn es losgeht“, wurden wir vielfach gewarnt. Die Carneros seien „brutos“.

Kurz nach fünf Uhr ging es los: Die ersten Carneros verließen ihren Stall.

Begleitet wurden sie von ihren Hirten, die auch nicht viel vertrauenserweckender aussahen.

An der Straße, die bergab zur Plaza führt, versammelten sie sich. Mit Schreien und Glockengeschelle brachten sie sich, wild auf und ab hüpfend, in Stimmung.

Schließlich wurden sie von den Schäfern losgelassen und es gab eine wilde Stampede hinunter zur Plaza.
Es wagte niemand, sich ihnen in den Weg zu stellen.

Dann begann der Spaß: Wer sich traute und schnell rennen konnte, kam in Turnschuhen, forderte die Carneros heraus und versuchte dann, schnell davon zu rennen und sich nicht fangen zu lassen.
Wer nicht ganz so schnell war, beobachtete das Treiben besser vom Rand aus.

Das Geschehen war sehr dynamisch und schnell und zudem für die Fotografen, zu denen sich Wolfgang gesellte, nicht ganz ungefährlich. Für die guten Fotos musste er natürlich mittendrin sein und nicht am Rand.
Es ging aber gut. Nur ein Läufer kollidierte und einer der Carneros legte vor seinen Füßen eine Bruchlandung hin.
Nebenbei: Die Sanis hatten durchaus ihre Beschäftigung.

Irgendwann wurden alle Läufer erwischt. Die Carneros waren trotz ihrer schweren Kostüme sehr schnell und außerdem kooperierten sie geschickt und mit jahrelanger Erfahrung.

Wurde ein Läufer gefangen, gab es einen mehr oder weniger heftigen Kampf, bis er am Boden lag mit einem Carnero obenauf.

Dann kam die Schuhcreme zum Einsatz und vor allem das Gesicht wurde dick eingeschmiert.

Auch wenn es heftig zuging, hatten alle ihren Spaß, wie man an den Gesichtern sehen kann. Es war keinerlei Aggressivität zu spüren und auch Alkohol wurde wenig konsumiert.

Zum Schluss reichten sich der Carnero und sein Opfer die Hand.

Doch auch als Zuschauer konnte man den umherstreunenden Carneros nicht über den Weg trauen.

Gerne schlichen sie sich von hinten an ihr Opfer an und - Zack! - waren zwei schwarze und schmierige Hände im Gesicht.

Auch lange Haare waren nicht vor ihnen sicher.

Aber auch hier hatten alle (mehr oder weniger) Spaß dabei (mehr natürlich, wenn es den Nachbarn erwischt hatte…). Schließlich wussten alle, worauf sie sich einließen.

Mit der Zeit liefen alle mit schwarzen Gesichtern herum.

Auch Wolfgang hatte es gleich am Anfang erwischt.
Früher gab es auf ganz El Hierro Carneros. Während der Franco-Diktatur war der Brauch verboten. In Tigaday versteckte jedoch ein Bewohner während der ganzen langen Jahrzehnte der Diktatur die Kostüme und belebte den Brauch nach Francos Tod in 1975 wieder.

Am Abend des Aschermittwochs fand der letzte Akt des Carnavals statt: Die Beerdigung der Sardine.

Mit der Beerdigung der Sardine wird auf den ganzen Kanaren der Carnaval beendet. Auf El Hierro gibt es noch eine Besonderheit: den „Machango“, einen Bösewicht, der zusammen mit der Sardine verbrannt wird.
Er wird jedes Jahr von Kindern ausgesucht. In diesem Jahr hatten sie sich für Hitler entschieden. Im vergangenen Jahr war es Kim Jong-un und zuvor Donald Trump.

Auch die Klage-„Weiber“ fanden sich ein.

Dann zog der „Trauerzug“ unter lautem Geschrei der Klage-„Weiber“ durch die Gassen.

Auch der Tod begleitete uns.

Am Ziel angekommen, gab es ein letztes lautes Beklagen des Todes der Sardine.

Dann wurden die Sardine und der Machango in Brand gesetzt.

Damit war der Carnaval vorbei - in La Frontera. Er zieht jetzt weiter nach Villaverde, allerdings ohne die Carneros, Fastenzeit hin oder her.
Zum Abschluss gab es noch leckere gegrillte Sardinen für alle.

Wir setzen jetzt unsere „normale“ Erkundung der Insel fort.

Bis zum nächsten Mal, ¡Hasta luego!