Östlich von La Paz brechen die Anden ab in das Beni-Becken. Hier befindet sich die Zone der Yungas, der feuchten und grünen Täler. Mit den stark differierenden Höhenlagen ändern sich Temperaturen und Vegetation drastisch. Zunächst fanden wir einen schönen Stellplatz in 3000m Höhe, bei nur 15 Grad, Wolken und Nebel. 2 Tage warteten wir, ob die Wolken aufrissen.
Am dritten Morgen weckte uns die Sonne, die durch die Dachluke schien. Da konnten wir dem Ruf der „Todesstraße“ nicht widerstehen: Adios Teerstraße und auf ins Abenteuer!
Wie erwartet, war die Landschaft fantastisch und die Straße schmal. Rechts ging es steil nach oben und links ebenso steil nach unten. Teilweise fuhr man durch Wasserfälle. Wirklich gefährlich ist sie aber nicht mehr: Sie ist eine Schotterpiste in gutem Zustand. In den Kurven gibt es sogar Leitplanken. Heute wird die Straße hauptsächlich von Moutainbikern benutzt. Die Tour ist eine Hauptattraktionen Boliviens und in La Paz gibt es ungezählte Touranbieter. Damit die Touristen dann nicht in den Abgrund fliegen, wenn sie den Berg hinunterrasen, wurden die Leitplanken montiert. Autoverkehr gibt es kaum noch. Uns kamen auf der ganzen Strecke 4 Fahrzeuge entgegen. Das Gefährliche an der Straße war früher der Verkehr mit den Lastwagen, die heute ja alle auf der neuen Teerstraße unterwegs sind. Das Einzige, was man vermeiden sollte, ist, die Straße zwischen 10 und 15 Uhr bergauf zu fahren, um sich keinen um die Kurve flitzenden Mountainbiker als Kühlerfigur zu holen. (Man merkt am Text, dass Wolfgang keinen Respekt vor Fahrradfahren hat, die nur den Berg hinunterrollen, um sich dann mit dem Auto abholen zu lassen…).
So konnten wir entspannt die einzigartige Strecke und die Natur genießen.
Das hier ist keine wilde Natur, sondern eine Kaffeplantage bei Corocoico. Hier wird unter Schweizer Leitung biologischer Kaffee in bester Qualität hergestellt. Wir deckten uns für mehrere Monate ein, denn in den bisher von uns besuchten Ländern Südamerikas ist es nicht einfach, Kaffebohnen in guter Qualität zu kaufen.
Während unsere 5 kg Kaffee frisch geröstet wurden, konnten wir die Plantage erkunden und uns von den zahlreichen Moskitos stechen lassen.
Die Kaffeesträucher wachsen unter Bäumen, die Schatten spenden und mit ihren abgefallenen Blättern düngen. Auf chemische Keulen wird hier bewusst verzichtet.
Hier wurden unsere frisch gerösteten Bohnen noch einmal aussortiert. Die viele Handarbeit und Qualität hatte ihren Preis.
Es gibt nur sehr wenige Kaffeepflanzungen in den Yungas. Hier ist der Grund: Coca. Fast jeder hat hier eine dicke Backe, ausgestopft mit Cocablättern, aber Kaffee gibt es meist nur als Nescafe.
Mit Coca lässt sich mehr Geld bei weniger Arbeit verdienen. Somit wächst auf fast allen Feldern nur Coca. Der Anbau ist legal und alle Bolivianer bestätigten uns, dass die Cocablätter aus den Yungas am zartesten und süßesten seien. Das mit der Süße können wir nicht nachvollziehen.
Immer wieder gibt es zwischen den vielen Cocafeldern an den Hängen noch Reste des Nebelwaldes.
In Chulumani, einem verträumten Yungastädtchen in schöner Lage auf 1700m befand sich ein 25m-Schwimmbecken.
Der Ort hat eine interessante Geschichte, die uns ein Einheimischer erzählte: Angeblich hatten die Nazis hier in den Bergen eine als Goldmine getarnte Kokainfabrik. Es lebten wohl 25 deutsche Chemiker mit ihren Familien hier. Das Kokain für die Wehrmacht sei dann nach Paraguay gebracht worden und von dort mit dem U-Boot über den Rio Paraguay, den Rio de la Plata auf den Atlantik und nach Deutschland.
Nach dem Krieg schlüpften einige Nazis hier unter. Unter anderem lebte Klaus Barbie viele Jahre hier. Dies war sein Grundstück. Unter dem Pool hatte er einen Bunker, in dem man nach seiner Auslieferung nach Frankreich Goldbarren aus Kriegsbeute fand.
Samstag und Sonntag ist Markt.
Wie überall in Bolivien werden Chuño (die schwarzen) und Tunta (die weißen) angeboten. Dies sind Kartoffeln, die auf dem Altiplano angebaut und in Winter getrocknet werden. Durch den Wechsel aus Nachtfrösten und warmer Sonne am Tag bei dem trockenen Klima verlieren sie alle Flüssigkeit und sind über Jahre haltbar. Sie erhalten einen ihnen ganz eigenen Geschmack, nicht mehr kartoffelähnlich.
Auf der zentralen Plaza gab es eine der vielen zur Zeit stattfindenden Aktionen zu gesunder Ernährung. Hier bekamen wir ein leckeres Coca-Eis angeboten.
In Apa Apa gibt es ein Naturschutzgebiet mit Primär-Nebelwald. Früher war das Gelände in Privatbesitz und es gab schöne Pfade durch den Wald. Inzwischen wurde es der Gemeinde übergeben und die Wege sind ohne Machete kaum noch passierbar. Wir kämpften uns einige 100m durch das Gestrüpp und genossen die Natur.
An vielen Stellen sahen wir diese hängenden Nester. Die Vogelwelt in den Yungas unterscheidet sich komplett von der uns bisher bekannten. Ulrike hat in La Paz ein fantastisches Buch, „Birds of Bolivia“ erstanden, in dem alle mit guten Zeichnungen aufgeführt sind, leider ohne spanische oder deutsche Namen.
Vogel Nr. 154, ein Trogon personatus.
Vogel Nr. 155, ein noch zu bestimmender Kolibri. Wir wussten bisher nicht, dass es so viele verschiedene gibt.
Vogel Nr. 156, ein Hirundinea ferruginea
Vögel Nr. 157, die kreischenden Loros, Pyrrhura phoenicura
Auch im Baum, fliegt aber nicht.
So schönes Abendrot war in den Yungas selten, da es meistens zu bewölkt war.
Nach einem kleinen Pass von 2200m ging es in Richtung Süden hinunter in ein Tal auf nur 1100m. Hier wichen die Cocafelder Mangoplantagen und Bananenstauden.
Mangos, Mangos, Mangos! Dezember ist Erntezeit der leckeren Früchte. Die Mangos werden noch grün geerntet, bevor sie von den Bäumen fallen und dann abgedeckt für 5 Tage zum Nachreifen in die Sonne gelegt. Wir haben uns gut eingedeckt und ernährten uns einige Tage sehr vitaminreich.
Diesen romantischen Stellplatz an einem sauberen Urwaldfluss mussten wir uns nur mit den zahlreichen stechenden Plagegeistern teilen. Hier gibt es weniger die uns bekannten Moskitos, sondern kleine schwarze Fliegchen, die in Sekundenschnelle zustechen können. Wenigstens hört man die Viecher nicht in der Nacht. Wir waren dann sehr motiviert, endlich auch für unsere Dachfenster die Moskitonetze zu nähen.
Hoch über dem Rio La Paz schlängelt sich die Straße, ohne Leitplanken. Hier fahren ja auch normalerweise keine Touristen und unser Sunny wurde sehr bestaunt.
Bei Pasto Grande, einer Siedlung schon aus präkolumbianischer Zeit, wurden Terrassen im Steilhang angelegt, die zum Teil noch heute genutzt werden.
Die Strecke gewinnt langsam an Höhe. Auf 2000m wachsen wieder Kakteen und nachts wird es kühler.
Neben einsamen Stellplätzen in der Natur wurden wir auch eingeladen, mitten in kleinen Siedlungen zu stehen. Natürlich wollten dann alle Sunny besichtigen, die Handys wurden gezückt und wir waren ebenso Fotomodelle.
Hier wurde die Piste vor kurzen zu einer echten Todesstraße. Das Wrack konnten wir noch in der Tiefe erspähen. Warum ausgerechnet hier der Unfall passierte, erschloss sich uns nicht. Bei den vielen schon am Vormittag alkoholisierten Fahren in Bolivien wundert es uns aber auch nicht wirklich. Wir kamen noch an vielen Kreuzen vorbei.
In Lambate, auf 3400m akklimatisierten wir uns wieder an die Höhe und genossen einen letzen Blick in die abwechslungsreichen Yungas.